Wie das Gehirn Gott erschuf
Neurotheologie in der Diskussion
Wenn Gott existiert, so scheint seine Existenz an eines zumindest nicht gebunden
zu sein: Die Gesetze der Evolution. Für den Menschen gilt das Gegenteil.
Bereits Charles Darwin vermutete, dass nicht nur die Kultur, sondern auch die
Religion des Menschen Produkte seiner Evolution sind. Durch die neuen Einsichten
in die Funktionsweisen des Gehirns, insbesondere mit Hilfe der sogenannten bildgebenden
Verfahren, erhärtet sich der Verdacht, dass Religion ein Produkt der Biochemie
unseres Gehirn ist.
Dann hätte Gott sich dem Menschen nicht von außen genähert.
Offenbarungen, Visionen, Stimmen und andere Erscheinungen wären dann einzig
und allein neurologische Phänomene. Tatsächlich behauptete 1976 bereits
der Psychologe Julian Jaynes, dass Gott nichts anderes als das Ergebnis einer
evolutionsbedingten Zunahme der Kommunikation zwischen rechter und linker Gehirnhälfte
sei. Seiner "Urknalltheorie des Bewusstseins" zufolge entwickelte
Gott sich erst mit dem Selbstbewusstsein des Menschen. Grundlage dafür
war eine Zunahme der internen Kommunikation des Gehirns mit sich selbst. Diese
innere Kommunikation wurde von den frühen Menschen vor allem akustisch
wahrgenommen und gedeutet als von außen kommende Stimmen der Götter.
Ist Gott also eine Funktion des Gehirns? Was sagt die moderne Forschung dazu
- die auch Zustände der mystischen Entrückung untersucht hat - und
was die Theologie, die mit der neurowissenschaftlichen These vom Ursprung Gottes
ihre vielleicht schärfste Kritik überhaupt erfährt? Kann Religion
als evolutionärer Vorteil gedeutet werden? Welchen evolutionsgeschichtlichen
Ursprung hat der Glaube an Geister, Götter und Dämonen dann? Ist also
so etwas wie "religiöse Aktivität" heute im Gehirn messbar?
Wie sähe eine "Neuropsychologie der Religion" aus - und welche
Rolle wird sie in der Zukunft für Theologie, Glauben und Lehre der Kirchen
spielen?
Die Gäste der Sendung
Ulrich Eibach, Evangelisch-Theologische Fakultät, Universität Bonn
Willigis Jäger, Benediktinerpater und Zen-Meister
Benediktushof - Zentrum für spirituelle Wege
Manfred Spitzer, Neurowissenschaftler und Psychiater, Universitätsklinik
Ulm